Montag, 13. Dezember 2021
Zum Zustand unserer Kommunikation
laienphilosoph, 05:30h
Ich möchte noch mal über Viola Priesemanns spannende Bemerkungen (hier) nachdenken:
"[Mir] gefiel (...) überhaupt nicht, was ich über Politikberatung am Rande gehört habe: Man müsse dreimal mehr fordern, damit wenigstens das umgesetzt wird, was man für sinnvoll hält. So etwas werde ich garantiert nie machen, weil das meine Glaubwürdigkeit untergraben würde. Ich will als Wissenschaftlerin nicht taktisch kommunizieren. Und ich glaube, dass das langfristig die bessere Strategie ist"
Da haben wir ein sehr generelles, sehr grundlegendes Problem, das natürlich nicht nur für die öffentliche Unterredung über Corona gilt.
"Alle, wirklich alle Weißen (Adeligen/Kapitalisten/Männer/Heteros/younameit) sind Schweine..." - 'ich sage das, um möglichst viel für bis dato Marginalisierte heraus zu holen.'
Das mag punktuell zu Erfolgen führen - vergiftet aber die öffentliche Kommunikation so nachhaltig, dass wir es hier wohl eher mit kommunikativen Pyrrhussiegen zu tun haben. Merke: Ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit wird in the long run immer zum Bankrott führen. Und das Schlimmste: Dieser Bankrott ist dann leider auch noch wohlverdient - und kontaminiert auch das, was an meiner Position vielleicht bedenkenswert wäre. Modellfall für diesen politisch-kommunikativen Hexensabbat, der die ganze Moderne durchzieht, ist und bleibt natürlich die robespierrsche Terreur*.
Aus meinen alten Notizbüchern 1990:
"Klischee-Blöcke fahren aufeinander zu, vollführen einen vollelastischen Stoß und rollen in ihre Ausgangspositionen zurück. Viel Lärm. Wer dazwischen gerät, hat schlechte Karten gehabt. Hinterher glaubt man, es habe eine öffentliche Debatte gegeben."
_______
* in argumentativer Hinsicht. ich will jetzt nicht allen, die in robespierrscher Binarität - wir sind die Guten, die anderen sind das Böse - argumentieren, gleich unterstellen, sie wollten wieder Guillotinen aufstellen. Aber sich selber zum einzig wahren Künder des Volonté générale ausrufen ist nie eine gute Idee (und im Übrigen schlicht ein ganz banaler Zirkelschluss). Nein, der Zweck heiligt mitnichten immer die Mittel. "Und was ist, wenn sich die Mittel in den Zweck fressen?"
"[Mir] gefiel (...) überhaupt nicht, was ich über Politikberatung am Rande gehört habe: Man müsse dreimal mehr fordern, damit wenigstens das umgesetzt wird, was man für sinnvoll hält. So etwas werde ich garantiert nie machen, weil das meine Glaubwürdigkeit untergraben würde. Ich will als Wissenschaftlerin nicht taktisch kommunizieren. Und ich glaube, dass das langfristig die bessere Strategie ist"
Da haben wir ein sehr generelles, sehr grundlegendes Problem, das natürlich nicht nur für die öffentliche Unterredung über Corona gilt.
"Alle, wirklich alle Weißen (Adeligen/Kapitalisten/Männer/Heteros/younameit) sind Schweine..." - 'ich sage das, um möglichst viel für bis dato Marginalisierte heraus zu holen.'
Das mag punktuell zu Erfolgen führen - vergiftet aber die öffentliche Kommunikation so nachhaltig, dass wir es hier wohl eher mit kommunikativen Pyrrhussiegen zu tun haben. Merke: Ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit wird in the long run immer zum Bankrott führen. Und das Schlimmste: Dieser Bankrott ist dann leider auch noch wohlverdient - und kontaminiert auch das, was an meiner Position vielleicht bedenkenswert wäre. Modellfall für diesen politisch-kommunikativen Hexensabbat, der die ganze Moderne durchzieht, ist und bleibt natürlich die robespierrsche Terreur*.
Aus meinen alten Notizbüchern 1990:
"Klischee-Blöcke fahren aufeinander zu, vollführen einen vollelastischen Stoß und rollen in ihre Ausgangspositionen zurück. Viel Lärm. Wer dazwischen gerät, hat schlechte Karten gehabt. Hinterher glaubt man, es habe eine öffentliche Debatte gegeben."
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* in argumentativer Hinsicht. ich will jetzt nicht allen, die in robespierrscher Binarität - wir sind die Guten, die anderen sind das Böse - argumentieren, gleich unterstellen, sie wollten wieder Guillotinen aufstellen. Aber sich selber zum einzig wahren Künder des Volonté générale ausrufen ist nie eine gute Idee (und im Übrigen schlicht ein ganz banaler Zirkelschluss). Nein, der Zweck heiligt mitnichten immer die Mittel. "Und was ist, wenn sich die Mittel in den Zweck fressen?"
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