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Dienstag, 23. November 2021
Habermas in Hamburg. Eine kleine Erinnerung
laienphilosoph, 00:37h
Im Dezember 1989 wurde Jürgen Habermas der Ehrendoktor der Hamburger Uni verliehen; als junger Student ließ ich es mir nicht nehmen und fand mich im gut gefüllten Audimax ein. Habermas war so gar nicht meiner (ich war damals wild verstrickt in Fragen der analytischen Philosophie), aber gut. Habermas! Natürlich würde man da hingehen.
Es sollte losgehen, aber es ging nicht los. Denn es war Dezember 1989, die Mauer einen Monat lang offen, und die Niederlage schmerzte manche offenbar sehr. Einige, nun ja, Linke, fünf, sechs mögen es gewesen sein, stürmten die Bühne und verlangten Gehör.
Jürgen Habermas reagierte unfassbar souverän - mit den Worten "erst die Kollegen bitte" lies er sie gewähren. Und so durften oder mussten wir - wie war das noch mit der Tragödie und der Farce? - einige Minuten westlinke Schwadroniererei ertragen, Gerede vom Sozialismus, der jetzt nicht tot gesagt werden dürfe sondern weiterhin etcetc. Alles wand sich, peinlich berührt von diesem geistigen Offenbarungseid, der für nicht eine Sekunde Nachdenklichkeit enthielt. Ich musste an Bert Brecht denken ("Die rote Fahne schrieb noch wir-werden-siegen, da hatte ich mein Geld schon in der Schweiz"). Am Ende sah man die 5, 6 traurigen Gestalten auf der Bühne "sich selbst den ausgebliebenen Beifall spenden".*
Jürgen Habermas, immer noch ganz souverän, erklärte kurz, dass er solche Träume achte, ihnen aber auf lange Sicht keine Aussichten einräume (womit er natürlich recht behalten sollte), und die Veranstaltung konnte beginnen.
In Habermas' Dankesrede lesen wir übrigens auch diese Sätze:
?Auch ein argumentativer Streit geht manchmal an die Nieren. In solchen Momenten kommt uns zu Bewußtsein, daß der Streit um die richtigen Aussagen nur solange, wie sich die Personen gegenseitig achten, vorbehaltlos geführt werden kann.?
Ich empfehle sie zur gefälligen Beachtung.
_________
* "ZKs hab ich gesehen mit steifen Mienen hohlen Händen
sich selbst den ausgebliebenen Beifall spenden"
(Rühmkorf, Einmalig wie wir alle)
Es sollte losgehen, aber es ging nicht los. Denn es war Dezember 1989, die Mauer einen Monat lang offen, und die Niederlage schmerzte manche offenbar sehr. Einige, nun ja, Linke, fünf, sechs mögen es gewesen sein, stürmten die Bühne und verlangten Gehör.
Jürgen Habermas reagierte unfassbar souverän - mit den Worten "erst die Kollegen bitte" lies er sie gewähren. Und so durften oder mussten wir - wie war das noch mit der Tragödie und der Farce? - einige Minuten westlinke Schwadroniererei ertragen, Gerede vom Sozialismus, der jetzt nicht tot gesagt werden dürfe sondern weiterhin etcetc. Alles wand sich, peinlich berührt von diesem geistigen Offenbarungseid, der für nicht eine Sekunde Nachdenklichkeit enthielt. Ich musste an Bert Brecht denken ("Die rote Fahne schrieb noch wir-werden-siegen, da hatte ich mein Geld schon in der Schweiz"). Am Ende sah man die 5, 6 traurigen Gestalten auf der Bühne "sich selbst den ausgebliebenen Beifall spenden".*
Jürgen Habermas, immer noch ganz souverän, erklärte kurz, dass er solche Träume achte, ihnen aber auf lange Sicht keine Aussichten einräume (womit er natürlich recht behalten sollte), und die Veranstaltung konnte beginnen.
In Habermas' Dankesrede lesen wir übrigens auch diese Sätze:
?Auch ein argumentativer Streit geht manchmal an die Nieren. In solchen Momenten kommt uns zu Bewußtsein, daß der Streit um die richtigen Aussagen nur solange, wie sich die Personen gegenseitig achten, vorbehaltlos geführt werden kann.?
Ich empfehle sie zur gefälligen Beachtung.
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* "ZKs hab ich gesehen mit steifen Mienen hohlen Händen
sich selbst den ausgebliebenen Beifall spenden"
(Rühmkorf, Einmalig wie wir alle)
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"Als die Nazis an die Macht kamen"
laienphilosoph, 22:08h
arte tv, bis 9.1. auf youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=qFyDO_lpn1s
https://www.youtube.com/watch?v=Z7aNsePursA
https://www.youtube.com/watch?v=qFyDO_lpn1s
https://www.youtube.com/watch?v=Z7aNsePursA
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Sonntag, 21. November 2021
Stock, Wieler und die Linke
laienphilosoph, 23:14h
Kathleen Stock 'ist' Adolf Hitler und Lothar Wieler 'ist' Josef Mengele
Polemisch-präzise Bemerkungen über den Zustand der Linken/ Aufklärung
Worüber rede ich? Ich rede über Corona, über Lothar 'Josef' Wieler 'Mengele'. Über die nachdenkseiten. Über Transgender, Minderheiten überhaupt. Über Kathleen 'Adolf' Stock 'Hitler'. Ich rede also über die Linke, über Aufklärung (mithin über Kant, also über Vernunft), und warum das mit der Aufklärung, die so offenkundig zukunftsträchtig ist, so offenkundig menschenfreundlich, warum das so schwer ist...
Ich habs bei den Nachdenkseitenleuten und ihrem Corona-Diskurs erlebt. Da war kein Durchkommen mehr. Die haben zT - keine polemische Übertreibung, war so! - Unterstufenmathematik nicht verstanden. Ich und andere (Letztere waren deutlich kompetenter) habens ihnen verzweifelt vorgerechnet. Gleichung mit einer Unbekannten! Oder: Doch, doch, eine logistische Funktion ist wirklich eine Exponentialfunktion, eine für endliche Mengen, die die Sättigung in Rechnung stellt, glaubt es uns bitte! Nichts, nichts, nichts drang durch!
Jetzt gibt es - wortwörtlich, Screenshot liegt vor! - nds-Sympathisanten (eine, um genau zu sein, aber andere haben gejubelt), die Lothar Wieler als Mengele bezeichnen. Als Mengele! Josef Mengele an der Rampe! Das ist so irre, dazu fällt mir nichts mehr ein, nichts mehr. Solche innerlich völlig verwahrlosten Typen, denen alles abhanden gekommen ist, kannste eigentlich nur noch rausschmeißen.
Da gilt für die nds-Linke dasselbe - dasselbe, nicht das gleiche, dasselbe! - wie für relevante, weil wirkmächtige Teile der woken Linken, die sich nicht entblödet haben, mit Hilfe schlecht verstandener postmoderner Theorie die linke, offen lesbisch lebende Feministin Kathleen Stock mit "Adolf Hitler" zu konnotieren (ebenfalls wortwörtlich, Screenshot liegt ebenfalls vor) und ihr ernsthaft zu unterstellen, sie wolle eine "final solution" (Screenshot...Sie wissen schon!) für Transgender durchführen.
Die Identität der Vorgänge ist kein Zufall: in beiden Fällen liegt finale linke Selbstverhunzung vor. nds-Linke und woke Linke sind zwei Seiten der einen schlechten, weil verdinglichten und verdinglichenden linken Medaille. Beide linken Movements eröffnen nichts mehr, sondern kreisen nur noch um sich selbst - hüben als final idiotische Verschwörungstheorie, drüben als aberwitzige Faschismusriecherei. Wer, wie der Verfasser dieser Zeilen, den westdeutschen K-Gruppen-Wahnwitz zumindest in seinen Ausläufern noch erlebt hat und sich in der 'pro-KP-oder-contra?'-Debatte der deutschen Linken in der Weimarer Republik ein bisschen auskennt, die und der hatten in den letzten Jahren böse deja-vu-Erlebnisse. Wobei ich sagen muss: die Debatte um das, was heute Wokeness/linke Identitätspolitik genannt wird, ist auch schon wieder dreißig, vierzig Jahre alt (tut mir leid, Ihr jungen Woken: Ihr wisst ja gar nicht, wie alt ihr seid...). Und Verschwörungstheorien durchwabern die Linke ohnedies seit eh. Hier kommen - Stichwort: Büchner, Dantons Tod - Momente zum Ausdruck, die m.E. denn doch auf etwas sehr Grundlegendes verweisen, auf grundsätzliche Probleme innerhalb der Linken, und letztlich auf die Condicio humana selbst.
Um meine intellektuelle Zahlungsfähigkeit klarzustellen, habe ich es nicht nötig, meine Zeit in die nächste Pfütze zu schmeißen. Wieler ein Mengele, Stock eine Frau Hitler...bei Euch hackts doch nur noch! Und ja, da muss man für sich persönlich knallhart entmüllen. Und nein, ich werde den harten Begriff "entmüllen" jetzt nicht streichen.
Polemisch-präzise Bemerkungen über den Zustand der Linken/ Aufklärung
Worüber rede ich? Ich rede über Corona, über Lothar 'Josef' Wieler 'Mengele'. Über die nachdenkseiten. Über Transgender, Minderheiten überhaupt. Über Kathleen 'Adolf' Stock 'Hitler'. Ich rede also über die Linke, über Aufklärung (mithin über Kant, also über Vernunft), und warum das mit der Aufklärung, die so offenkundig zukunftsträchtig ist, so offenkundig menschenfreundlich, warum das so schwer ist...
Ich habs bei den Nachdenkseitenleuten und ihrem Corona-Diskurs erlebt. Da war kein Durchkommen mehr. Die haben zT - keine polemische Übertreibung, war so! - Unterstufenmathematik nicht verstanden. Ich und andere (Letztere waren deutlich kompetenter) habens ihnen verzweifelt vorgerechnet. Gleichung mit einer Unbekannten! Oder: Doch, doch, eine logistische Funktion ist wirklich eine Exponentialfunktion, eine für endliche Mengen, die die Sättigung in Rechnung stellt, glaubt es uns bitte! Nichts, nichts, nichts drang durch!
Jetzt gibt es - wortwörtlich, Screenshot liegt vor! - nds-Sympathisanten (eine, um genau zu sein, aber andere haben gejubelt), die Lothar Wieler als Mengele bezeichnen. Als Mengele! Josef Mengele an der Rampe! Das ist so irre, dazu fällt mir nichts mehr ein, nichts mehr. Solche innerlich völlig verwahrlosten Typen, denen alles abhanden gekommen ist, kannste eigentlich nur noch rausschmeißen.
Da gilt für die nds-Linke dasselbe - dasselbe, nicht das gleiche, dasselbe! - wie für relevante, weil wirkmächtige Teile der woken Linken, die sich nicht entblödet haben, mit Hilfe schlecht verstandener postmoderner Theorie die linke, offen lesbisch lebende Feministin Kathleen Stock mit "Adolf Hitler" zu konnotieren (ebenfalls wortwörtlich, Screenshot liegt ebenfalls vor) und ihr ernsthaft zu unterstellen, sie wolle eine "final solution" (Screenshot...Sie wissen schon!) für Transgender durchführen.
Die Identität der Vorgänge ist kein Zufall: in beiden Fällen liegt finale linke Selbstverhunzung vor. nds-Linke und woke Linke sind zwei Seiten der einen schlechten, weil verdinglichten und verdinglichenden linken Medaille. Beide linken Movements eröffnen nichts mehr, sondern kreisen nur noch um sich selbst - hüben als final idiotische Verschwörungstheorie, drüben als aberwitzige Faschismusriecherei. Wer, wie der Verfasser dieser Zeilen, den westdeutschen K-Gruppen-Wahnwitz zumindest in seinen Ausläufern noch erlebt hat und sich in der 'pro-KP-oder-contra?'-Debatte der deutschen Linken in der Weimarer Republik ein bisschen auskennt, die und der hatten in den letzten Jahren böse deja-vu-Erlebnisse. Wobei ich sagen muss: die Debatte um das, was heute Wokeness/linke Identitätspolitik genannt wird, ist auch schon wieder dreißig, vierzig Jahre alt (tut mir leid, Ihr jungen Woken: Ihr wisst ja gar nicht, wie alt ihr seid...). Und Verschwörungstheorien durchwabern die Linke ohnedies seit eh. Hier kommen - Stichwort: Büchner, Dantons Tod - Momente zum Ausdruck, die m.E. denn doch auf etwas sehr Grundlegendes verweisen, auf grundsätzliche Probleme innerhalb der Linken, und letztlich auf die Condicio humana selbst.
Um meine intellektuelle Zahlungsfähigkeit klarzustellen, habe ich es nicht nötig, meine Zeit in die nächste Pfütze zu schmeißen. Wieler ein Mengele, Stock eine Frau Hitler...bei Euch hackts doch nur noch! Und ja, da muss man für sich persönlich knallhart entmüllen. Und nein, ich werde den harten Begriff "entmüllen" jetzt nicht streichen.
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Samstag, 20. November 2021
Heine, Zustandsbericht
laienphilosoph, 16:51h
Enfant Perdu (Romanzero)
Verlor'ner Posten in dem Freiheitskriege,
Hielt ich seit dreißig Jahren treulich aus.
Ich kämpfte ohne Hoffnung, daß ich siege,
Ich wußte, nie komm' ich gesund nach Haus.
Ich wachte Tag und Nacht ' Ich konnt' nicht schlafen,
Wie in dem Lagerzelt der Freunde Schar
(Auch hielt das laute Schnarchen dieser Braven
Mich wach, wenn ich ein Bischen schlummrig war).
In jenen Nächten hat Langweil' ergriffen
Mich oft, auch Furcht - (nur Narren fürchten nichts)
Sie zu verscheuchen, hab' ich dann gepfiffen
Die frechen Reime eines Spottgedichts.
Ja, wachsam stand ich, das Gewehr im Arme,
Und nahte irgend ein verdächt'ger Gauch,
So schoß ich gut und jagt' ihm eine warme,
Brühwarme Kugel in den schnöden Bauch.
Mitunter freilich mocht' es sich ereignen,
Daß solch ein schlechter Gauch gleichfalls sehr gut
Zu schießen wußte - ach, ich kann's nicht läugnen
Die Wunden klaffen - es verströmt mein Blut.
Ein Posten ist vacant! - Die Wunden klaffen -
Der Eine fällt, die Andern rücken nach -
Doch fall' ich unbesiegt, und meine Waffen
Sind nicht gebrochen - Nur mein Herze brach.
So, in etwa, steht es um Vernunft und Menschenanstand (der ja nur ein anderer Name für Vernunft ist).
Verlor'ner Posten in dem Freiheitskriege,
Hielt ich seit dreißig Jahren treulich aus.
Ich kämpfte ohne Hoffnung, daß ich siege,
Ich wußte, nie komm' ich gesund nach Haus.
Ich wachte Tag und Nacht ' Ich konnt' nicht schlafen,
Wie in dem Lagerzelt der Freunde Schar
(Auch hielt das laute Schnarchen dieser Braven
Mich wach, wenn ich ein Bischen schlummrig war).
In jenen Nächten hat Langweil' ergriffen
Mich oft, auch Furcht - (nur Narren fürchten nichts)
Sie zu verscheuchen, hab' ich dann gepfiffen
Die frechen Reime eines Spottgedichts.
Ja, wachsam stand ich, das Gewehr im Arme,
Und nahte irgend ein verdächt'ger Gauch,
So schoß ich gut und jagt' ihm eine warme,
Brühwarme Kugel in den schnöden Bauch.
Mitunter freilich mocht' es sich ereignen,
Daß solch ein schlechter Gauch gleichfalls sehr gut
Zu schießen wußte - ach, ich kann's nicht läugnen
Die Wunden klaffen - es verströmt mein Blut.
Ein Posten ist vacant! - Die Wunden klaffen -
Der Eine fällt, die Andern rücken nach -
Doch fall' ich unbesiegt, und meine Waffen
Sind nicht gebrochen - Nur mein Herze brach.
So, in etwa, steht es um Vernunft und Menschenanstand (der ja nur ein anderer Name für Vernunft ist).
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