Montag, 13. Dezember 2021
Neudenk bei der Arbeit
Männer, die Frauen vergewaltigen, sind ggfls "in Wahrheit" Frauen...

Wer jetzt noch behauptet, Rowling und Stock würden übertreiben, hat entweder Wahrnehmungsstörungen oder er lügt ganz einfach.

https://www.thetimes.co.uk/article/absurdity-police-logging-rapists-women-s6576v825

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Zum Zustand unserer Kommunikation
Ich möchte noch mal über Viola Priesemanns spannende Bemerkungen (hier) nachdenken:

"[Mir] gefiel (...) überhaupt nicht, was ich über Politikberatung am Rande gehört habe: Man müsse dreimal mehr fordern, damit wenigstens das umgesetzt wird, was man für sinnvoll hält. So etwas werde ich garantiert nie machen, weil das meine Glaubwürdigkeit untergraben würde. Ich will als Wissenschaftlerin nicht taktisch kommunizieren. Und ich glaube, dass das langfristig die bessere Strategie ist"

Da haben wir ein sehr generelles, sehr grundlegendes Problem, das natürlich nicht nur für die öffentliche Unterredung über Corona gilt.

"Alle, wirklich alle Weißen (Adeligen/Kapitalisten/Männer/Heteros/younameit) sind Schweine..." - 'ich sage das, um möglichst viel für bis dato Marginalisierte heraus zu holen.'

Das mag punktuell zu Erfolgen führen - vergiftet aber die öffentliche Kommunikation so nachhaltig, dass wir es hier wohl eher mit kommunikativen Pyrrhussiegen zu tun haben. Merke: Ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit wird in the long run immer zum Bankrott führen. Und das Schlimmste: Dieser Bankrott ist dann leider auch noch wohlverdient - und kontaminiert auch das, was an meiner Position vielleicht bedenkenswert wäre. Modellfall für diesen politisch-kommunikativen Hexensabbat, der die ganze Moderne durchzieht, ist und bleibt natürlich die robespierrsche Terreur*.

Aus meinen alten Notizbüchern 1990:

"Klischee-Blöcke fahren aufeinander zu, vollführen einen vollelastischen Stoß und rollen in ihre Ausgangspositionen zurück. Viel Lärm. Wer dazwischen gerät, hat schlechte Karten gehabt. Hinterher glaubt man, es habe eine öffentliche Debatte gegeben."

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* in argumentativer Hinsicht. ich will jetzt nicht allen, die in robespierrscher Binarität - wir sind die Guten, die anderen sind das Böse - argumentieren, gleich unterstellen, sie wollten wieder Guillotinen aufstellen. Aber sich selber zum einzig wahren Künder des Volonté générale ausrufen ist nie eine gute Idee (und im Übrigen schlicht ein ganz banaler Zirkelschluss). Nein, der Zweck heiligt mitnichten immer die Mittel. "Und was ist, wenn sich die Mittel in den Zweck fressen?"

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Sonntag, 12. Dezember 2021
Spanischer Bischof
Die Psychologin Caballol ist Autorin erotisch-satanischer Romane, darunter »Die Hölle von Gabriels Lust« aus dem Jahr 2017. Ende August hatte der 52-jährige Bischof aus persönlichen Gründen seinen Rücktritt eingereicht. »Ich habe mich verliebt und will das Richtige tun«, ließ er damals verlauten. Hier

Wie geil ist das denn!

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Samstag, 11. Dezember 2021
Notizen 3
Die heutige "Lage am Morgen" auf Spiegel durch Mathieu von Rohr ist ein Ärgernis.

Zitat Spiegel/von Rohr:

"Die russische Erzählung, dass die Nato mit ihrer Erweiterung ein Versprechen nach der Wiedervereinigung gebrochen habe, stimmt nicht: Michail Gorbatschow selbst hat bestätigt, dass darüber bei den Verhandlungen nie gesprochen worden sei. Die ersten Mitglieder des ehemaligen Warschauer Pakts wurden in Absprache mit Russland aufgenommen; es wurde ein Nato-Russland-Rat gegründet. Die Erzählung, Russland sei »eingekreist« worden, kann niemand aufrechterhalten, der eine Weltkarte gesehen hat"

Um es so milde wie möglich zu sagen: von Rohr hat schlecht recherchiert. Wiki hätte genügt:

Der damalige Außenminister der Vereinigten Staaten, James Baker, erklärte am 9. Februar 1990 im Katharinensaal des Kremls in Bezug auf Deutschland:
'Das Bündnis werde seinen Einflussbereich - nicht einen Inch weiter nach Osten ausdehnen -, falls die Sowjets der NATO-Mitgliedschaft eines geeinten Deutschland zustimmten.'
oder
ein zunächst geheimgehaltener und 2009 veröffentlichter Aktenvermerk über eine Äußerung Genschers vom 10. Februar 1990 zum sowjetischen Außenminister Eduard Schewardnadse lautet:
'BM (Bundesminister): Uns sei bewusst, dass die Zugehörigkeit eines vereinten Deutschlands zur NATO komplizierte Fragen aufwerfe. Für uns stehe aber fest: Die NATO werde sich nicht nach Osten ausdehnen.'

Man muss kein "Putin, rette uns!"-Dullie sein, um von Rohrs Darstellung zurück zu weisen. Was soll das? Wem ist damit gedient? Selbstverständlich gab es Zusagen, nur eben keine rechtlich bindenden, sondern lediglich informelle - die in der Politik aber auch zählen. Wie man heute mit Moskau umgehen sollte - andere Frage. Aber diese Geschichtsklitterung ist ungehörig.

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"Wenn man auf den Theatern und Ballsälen Gelegenheit hat, die affektierte Anmut zu beobachten, so kann man oft in den Kabinetten der Minister und den Studierzimmern der Gelehrten (auf hohen Schulen besonders) die falsche Würde studieren." Trifft nach über 200 Jahren immer noch zu, speziell auf unseren akademischen Mittelbau.


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So, und jetzt guck ich die 'dunkelste Stunde'. Historisch ist der Film aberwitzig (Churchill ist nie U-Bahn gefahren, und schon gar nicht, um dort mit einem Schwarzen angelegentlich zu plaudern, Layton war erst ab Mai 1941 seine Sekretärin usf, von größeren Geschichtsbeugungen, etwa der unterschätzten Rolle Labors beim "No", mal zu schweigen). Egal:

Fass, Winnie, fass, fass!

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Viola Priesemann
Spannendes Interview mit Viola Priesemann. Daraus:

"SPIEGEL: Haben Sie sich für die Politikberatung eigentlich selbst beraten lassen?

Priesemann: Kaum. Ich habe immer gehofft, dass es endlich vorbei ist damit. Zudem gefiel mir überhaupt nicht, was ich über Politikberatung am Rande gehört habe: Man müsse dreimal mehr fordern, damit wenigstens das umgesetzt wird, was man für sinnvoll hält. So etwas werde ich garantiert nie machen, weil das meine Glaubwürdigkeit untergraben würde. Ich will als Wissenschaftlerin nicht taktisch kommunizieren. Und ich glaube, dass das langfristig die bessere Strategie ist."

Das ganze Interview kann als Beitrag zur Theorie der Rationalität gelesen werden. Sympathisch auch, dass sie Gegenmeinungen nicht menschlich verdammt - aber klar deren Irrationalität aufzeigt.

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Freitag, 10. Dezember 2021
Gendern
Ich bin gegen Sanktionen/Nachteile, sowohl was pro als auch was contra Gendern betrifft.

Das hier finde ich genau so falsch wie den Prien-Erlass in Schleswig-Holstein.

Für eine wirklich differenzierte Sich auf die Problematik verweise ich auf Martin Krohs Essay auf Tell. Es ist eben nicht so einfach. Allemal wäre es gut, hier ein, zwei Gänge raus zu nehmen.

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Mittwoch, 8. Dezember 2021
Robert Pfaller
Auch Robert Pfaller nimmt Flaßpöhler/Precht gegen systematisches Missverstehen in Schutz. Leider Paywall

Zitat:

"selbst wenn es erwiesenermaßen falsch wäre, was jemand in der Frage A gesagt hat, bleibt dadurch doch völlig offen, ob dieselbe Person nicht in der Frage B eine richtige Auffassung gewonnen hat."

Leider hat er recht, wenn er diese logische Selbstverständlichkeit betont, betonen muss. Bereits auf diesem Anfängerniveau scheitern öffentliche Unterredungen allzu gerne. Dinge, mit Thomas Mann zu sprechen, "die man unter vier Augen nicht sagen mag". Ich weiß nicht, wie häufig ich zum Pawlowski, zum Walton, zu einem guten Logiklehrbuch gegriffen habe, weil ich dachte: Moment, so trivial kann das jetzt nicht sein, sicher habe ich was übersehen. Aber ich hatte nichts übersehen.

Getoppt wird das ganze nur noch von einer textanalytischen Kläglichkeit, bei der einem schlicht die Arme sinken. Neulich musste ich lesen, Flaßpöhler habe - in "Die potente Frau" - de Beauvoir zur "Essenzialistin" erklärt, dabei sei sie doch "Existenzialistin". Das ganze auch noch im aggressiven Gestus der Bescheidwisserei. Da ich das kurze Buch Flaßpöhlers gelesen habe - zufällig auch das Kapitel "Kampf ums Subjekt" -, und mir auch de Beauvoirs Jahrhundertwerk nicht ganz unbekannt ist, blieb mir nichts als Fassungslosigkeit. Die anderen offenkundigen Missverständnisse - der Flaßpöhler-Kritikerin ist das Werk Norbert Elias' ersichtlich nicht geläufig gewesen - waren um keinen Deut besser. Dunning-Kruger live und in Farbe. Wer ist hier - Zitat - 'intellektuell unredlich und schlampig'?

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