Montag, 20. Dezember 2021
Klaus Wagenbach
Der große Klaus Wagenbach ist tot.

Was wäre meine literarische Jugend ohne seinen Verlag? Ohne die Tintenfische? Ohne seine Kafka-Rezeption (auch, wenn man die nicht unkritisch übernehmen muss...man muss niemandes Kafka-Rezeption unkritisch übernehmen). Rühmkorf lernte ich in der Wagenbachausgabe kennen. Was für ein Leben, auch in seinen Irrtümern.

Hier ein spannendes Interview mit Willi Winkler.

Eine kleine Kritik wird mir Wagenbach vom linken Himmel aus zugestehen:

Was für seine linke Generation zutrifft - z.B. auch für Peter Rühmkorf, für Grass und Böll sowieso -, nämlich dass sie nicht durch Schweigen auffiel, wenn es um Bautzen, die Mauer, den GuLag ging, gilt für die nachfolgende Linke, mit der ich mich überwiegend herumschlug, schon nicht mehr.

Von ein paar DKP-Tüffeln abgesehen war kein westdeutscher Linker unkritischer DDR-Bewunderer, sicher, sicher, das nicht. Aber sie haben dröhnend geschwiegen und sich Hinweise auf den GuLag ziemlich aggressiv verbeten.

Wagenbach nannte solche Linken immer "dummlinks". Auch das kann man bei ihm lernen, dass es das Phänomen Dummlinks eben gibt...und dass Dummlinks der Linken kein bisschen hilft, wirklich kein bisschen.

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Eso nix gut
Wussten Sie es?

"Psychologen haben darauf aufmerksam gemacht, dass Spiritualität der Selbstaufwertung dienen kann."

Habe Tränen gelacht

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Sonntag, 19. Dezember 2021
"Bild" kaputt
Die Bild-Zeitung ist kaputt.

Sie berichtet empathisch über eine abgeschobene Familie...

https://www.bild.de/news/inland/news-inland/mitschuelerin-wurde-abgeschoben-der-lange-kampf-der-klasse-9b-78584976.bild.html

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Samstag, 18. Dezember 2021
Willy Brandt
Oh, Brandt war gegen Hitler u n d Stalin? Ab und an hat er sich sogar einen guten Bourbon munden lassen? Na Deiffi auch! Dürfen wir die Marke schnell noch erfahren? Four Roses? Jim Beam? Jack Daniels? Ich möchte mich nämlich gerne eindecken, um heute Abend einen auf Willy zu trinken.

Sehr zum Wohle, lieber Willy!

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Donnerstag, 16. Dezember 2021
Fussball in Katar
Einfach mal "Elisabeth Käsemann Argentinien 1978 Neuberger Oberst Rudel" googlen. Noch Fragen?

Ich werde mir diese WM nicht ansehen. Allein schon, um mir die woken Alibis in Regenbogenflagge-Gestalt auf den Trikots westlicher Teams zu ersparen. Auch für das Ertragen von Ekelgefühlen gibt es Grenzen.

PS: wer hier jetzt von "antimuslimisch" faselt, denkt gaaaanz angestrengt noch einmal nach.

https://www.spiegel.de/kultur/wm-in-katar-wer-fussball-liebt-darf-ueber-die-toten-nicht-schweigen-a-dc3d98b6-40b3-4dc7-9d82-69a6b07f6600?commentId=891a27f8-5296-4cd0-8d62-05b3c055115e

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Identität
"Identität, Identität! Die ihr von Identität redet. Identität ist die engste aller Äquivalenzrelationen (symmetrisch, reflexiv, transitiv), und somit für alle Gegenstände gültig: alles ist mit sich selbst und mit sonst nichts identisch...und mehr ist sie nicht"
(1989)

Meine Entscheidung, mich keinem Kollektiv zur Verfügung zu halten - auch nicht "der" Linken, "den" Kantianern oder was sonst noch so vorstellbar wäre -, und somit auch nicht um meine "Identität" kämpfen zu müssen habe ich immer als beides empfunden: zweifellos als Vereinsamung, aber auch als ungeheure Befreiung. Ganz abgesehen davon, dass ich, wenn ich zB um meine "politische Identität" kämpfe, ich jede und jeden, die und der Gegenpositionen vertritt, als Feind ansehen muss - ich kämpfe dann nicht mehr um das bessere Argument, sondern um mein säkulares Seelenheil.

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Rainer Höß, Beruf Nazi-Enkel
Das hier ist schon reichlich krass.

Ich hatte vorher schon gehört, dass Höß (der Enkel) eine windige Gestalt sein soll...diese Details kannte ich aber noch nicht.

Auf eine restlos verquere und ungute Art reflektiert das Spiel, das Rainer Höß spielt, nur jene hinlänglich bekannten erfakten Opferidentitäten (der klägliche "Wilkomirski", die lachhafte "Defonseca", die tragische Anne Sophie Hingst). Nicht nur "Opfer"-mit-"" ist inzwischen "eine attraktive Subjektposition" (Svenja Goltermann)*, auch der Sohn/Enkel, der mit seinen Nazi-Vorfahren "abrechnet" und somit in gewisser Weise ebenfalls auf dem Opferticket fährt, kann sich gesteigerter Aufmerksamkeit sicher sein.

Soweit ich sehe wissen eigentlich auch alle um diese sehr unguten Spielchen. Woher dann das fast unisono verbreitete, verschämte Schweigen über solche Phänomene, das nur hie und da durch Beiträge wie dem verlinkten unterbrochen wird? Da läuft etwas fürchterlich schief mit unserer Erinnerungskultur.

Jüngst hörte ich die neueste Absurdität. Nachdem jahrzehntelang der herbei imaginierten jüdischen Großmutter hinterher recherchiert wurde (am liebsten Ostjudentum, wg Schtetl und so), ist seit einiger Zeit Afrika stark im Kommen. 1806 habe Napoleon, als er in Lübeck einmarschierte, einige wenige "PoC" dabei gehabt. Man sei sich sicher, spüre es zuinnerst, so hörte ich neulich einen Mitbürger: Von einem von ihnen stamme man ab. Traurig.

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* reales Opfer geworden zu sein ist hingegen - das weiß und sagt natürlich auch Goltermann - ganz und gar nicht attraktiv.

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Montag, 13. Dezember 2021
Neudenk bei der Arbeit
Männer, die Frauen vergewaltigen, sind ggfls "in Wahrheit" Frauen...

Wer jetzt noch behauptet, Rowling und Stock würden übertreiben, hat entweder Wahrnehmungsstörungen oder er lügt ganz einfach.

https://www.thetimes.co.uk/article/absurdity-police-logging-rapists-women-s6576v825

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Zum Zustand unserer Kommunikation
Ich möchte noch mal über Viola Priesemanns spannende Bemerkungen (hier) nachdenken:

"[Mir] gefiel (...) überhaupt nicht, was ich über Politikberatung am Rande gehört habe: Man müsse dreimal mehr fordern, damit wenigstens das umgesetzt wird, was man für sinnvoll hält. So etwas werde ich garantiert nie machen, weil das meine Glaubwürdigkeit untergraben würde. Ich will als Wissenschaftlerin nicht taktisch kommunizieren. Und ich glaube, dass das langfristig die bessere Strategie ist"

Da haben wir ein sehr generelles, sehr grundlegendes Problem, das natürlich nicht nur für die öffentliche Unterredung über Corona gilt.

"Alle, wirklich alle Weißen (Adeligen/Kapitalisten/Männer/Heteros/younameit) sind Schweine..." - 'ich sage das, um möglichst viel für bis dato Marginalisierte heraus zu holen.'

Das mag punktuell zu Erfolgen führen - vergiftet aber die öffentliche Kommunikation so nachhaltig, dass wir es hier wohl eher mit kommunikativen Pyrrhussiegen zu tun haben. Merke: Ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit wird in the long run immer zum Bankrott führen. Und das Schlimmste: Dieser Bankrott ist dann leider auch noch wohlverdient - und kontaminiert auch das, was an meiner Position vielleicht bedenkenswert wäre. Modellfall für diesen politisch-kommunikativen Hexensabbat, der die ganze Moderne durchzieht, ist und bleibt natürlich die robespierrsche Terreur*.

Aus meinen alten Notizbüchern 1990:

"Klischee-Blöcke fahren aufeinander zu, vollführen einen vollelastischen Stoß und rollen in ihre Ausgangspositionen zurück. Viel Lärm. Wer dazwischen gerät, hat schlechte Karten gehabt. Hinterher glaubt man, es habe eine öffentliche Debatte gegeben."

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* in argumentativer Hinsicht. ich will jetzt nicht allen, die in robespierrscher Binarität - wir sind die Guten, die anderen sind das Böse - argumentieren, gleich unterstellen, sie wollten wieder Guillotinen aufstellen. Aber sich selber zum einzig wahren Künder des Volonté générale ausrufen ist nie eine gute Idee (und im Übrigen schlicht ein ganz banaler Zirkelschluss). Nein, der Zweck heiligt mitnichten immer die Mittel. "Und was ist, wenn sich die Mittel in den Zweck fressen?"

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